Ein auf den ersten Blick unscheinbares Kirchlein birgt einen besonderen Schatz; in Branderoda hat sich über die Jahrhunderte eine wertvolle textile Wandverkleidung erhalten, für die nur wenige Vergleichsbeispiele existieren.

An seiner Südseite verfügt der äußerlich recht unscheinbare, romanische Kirchenbau von Branderoda über einen kleinen Anbau. Dessen Inneres jedoch birgt einen unerwartet prachtvollen Raumeindruck. Obgleich es sich bei diesem Logenraum mit zum Kirchenschiff gerichteter Balustrade um eine Holzkonstruktion handelt, imitiert dessen Bemalung hochwertige Baumaterialien – und behauptet ihren Kunstwert gegenüber bloßem Materialwert.

Hinter den von Segmentbögen überfangenen Fensteröffnungen ist die Loge mit dem Kirchenschiff verbunden. Das Besondere dieses kleinen Raumes aber besteht in der überaus opulent ornamentierten, textilen Wandbespannung. Sämtliche Wandflächen verziert sie mit ihrer abstrahiert-floralen Rankenmalerei in dunkelgrün und rostrot. Selbst im Bereich hinter den Segmentbögen noch weist die Loge Stückelungen dieser kostbaren und nur allzu selten erhaltenen Textilien auf.

Als im Zuge der jüngsten Restaurierung Leisten abgenommen wurden, kamen darunter goldfarbene Blattmetallauflagen zum Vorschein. Es ist davon auszugehen, dass sie einmal die Wirkung der gesamten Wandbespannung bestimmt haben dürften. Erforderlich wurden konservatorische Maßnahmen aufgrund notwendiger baulicher Arbeiten am Kirchturm. In diesem Zuge mussten die hochwertigen Tapeten geborgen werden. Nach ihrer Abnahme wurden sie von groben Verschmutzungen befreit und auf Rohre gerollt eingelagert.

Bei der Abnahme hat sich gezeigt, dass die Textilstücke an ihren Rändern Löcher aufweisen, denen keine Löcher in der darunter liegenden Wandfläche entsprechen. Vermutlich haben die Stoffbahnen einst andere Wände geziert, wo sie mit Nägeln befestigt gewesen waren. Zudem kamen nach Abnahme der Tapeten mehrere Graffiti an der Süd- und an der Ostwand zum Vorschein. Mitglieder der Familie von Bose haben sich hier zwischen 1740 und 1780 verewigt. So scheinen die Wandbespannungen erst nach 1780 in die Kirche Branderoda eingesetzt worden zu sein, in einer Zeit also, als sich das örtliche Rittergut im Besitz der Familie von Heßler befand. Möglicherweise hat sie die Wandbespannungen in die Kirche transloziert und in eine vormals weiß verputzte Patronatsloge eingesetzt.

Die fachgerechte Sicherung der einzigartigen Textilausstattung konnte mit Mitteln der Kirchlichen Stiftung Kunst- und Kulturgut durchgeführt werden.