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Das ehemalige Augustiner- Chorherrenstift St. Clemens, gleichzeitig Pfarrkirche St. Jacobus Major, heute Evangelische Stadtkirche, beherbergt im langgestreckten Chor einen monumentalen Altaraufsatz. In den aus mehreren Zonen bestehenden barocken Aufbau, der um 1700 datiert wird, ist ein spätgotischer Schnitzaltar aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts eingefügt. Auch dieser Altaraufsatz steht dafür, dass ein Altar aus katholischer Zeit im Zuge der Reformation nicht etwa zerstört, sondern durch das Einfügen in einen neuen großen Altarzusammenhang mit protestantischem Inhalt bewusst erhalten wurde.
Die Festtagsseite des nicht mehr wandelbaren spätgotischen Altares zeigt große Schnitzfiguren in einer Reihe: Die zentrale Figurengruppe der Anna Selbdritt im Mittelschrein wird von Jakobus dem Älteren und einem weiteren Apostel flankiert. Im linken Flügel stehen die Heiligen Martin und Georg, im rechten Flügel Stephanus und Margaretha. Auf den Flügelaußenseiten sind links die Heilige Anna Selbdritt und rechts die Heilige Margaretha als ganze Figuren vor landschaftlichem Hintergrund gemalt.
Auf den beiden barocken Gemälden über dem Schrein sind die Kreuzigung und darüber die Auferstehung Christi dargestellt. In der Predellennische befindet sich eine Darstellung des Abendmahls.
Das gesamte Ensemble wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts in seinem Erscheinungsbild grundlegend verändert. Sämtliche Architekturteile einschließlich der geschnitzten Wangen und der Bekrönung erhielten eine Überfassung in einem hell-beigen Farbton mit goldenen Akzenten. Das Ganze wurde mit einem allerdings sehr ungleichmäßig aufgetragenen Schellacküberzug versehen, der inzwischen durch Alterung sehr stark verbräunt und fleckig geworden war.
Der Hintergrund der Figuren im Mittelschrein und den beiden Flügeln war ursprünglich polimentvergoldet. Es handelt sich um eine für spätgotische Schnitzaltäre typische Art einer Goldbrokatstoffimitation. Der Stoffcharakter wurde dadurch erzeugt, dass der Musterrapport, dem in diesem Fall Granatäpfel als Vorbild dienten, in den Kreidegrund hinein graviert bzw. geschnitten wurde. Die Figuren stehen sozusagen vor einem schweren kostbaren Vorhang, der im Zuge der Umarbeitung schwarz übermalt worden ist. Die Nimben wurden dabei ausgespart und blieben so mit ihrer Vergoldung bestehen.
Der Altaraufsatz weist insgesamt drei Schriftfelder auf: das obere ist mit deutscher, das mittlere mit lateinischer und das untere mit hebräischer Schrift versehen. In den 1930er Jahren wurden das untere Schriftfeld und die Sonne in der Bekrönung, die ebenfalls hebräische Schriftzeichen trug, im Sinne der nationalsozialistischen Doktrin mit einer Übermalung abgedeckt.
Die Tafelmalereien auf den Flügelaußenseiten waren mit derselben Farbe, die sich auch auf der gesamten Rückseite des Altaraufsatzes befindet, monochrom überstrichen. Zwischenzeitlich war laienhaft versucht worden, diese zu entfernen, was jedoch nur zu einem sehr geringen Teil mehr schlecht als recht gelang. Die Figuren waren zwar gerade so als solche erkennbar, jedoch ohne jede Differenzierung. Nur schwach zu erahnen waren die Hintergrundgestaltung sowie die Attribute der Heiligen.
Dank des Engagements der Kirchengemeinde und der großzügigen finanziellen Unterstützung durch die Kirchliche Stiftung Kunst- und Kulturgut der bisherigen Kirchenprovinz Sachsen war eine umfassende Konservierung und auch begrenzte Restaurierung des Altaraufsatzes möglich geworden. Sämtliche Arbeiten sind vor Ort von der Restauratorin Andrea Himpel und Dipl.-Restauratorin (FH) Linda Haselbach, beide in Halle (Saale), ausgeführt worden.
Der Schwerpunkt lag zunächst auf den dringend notwendigen Sicherungsmaßnahmen am Holz und an der Farbfassung. Es galt, viele gelockerte Teile der Holzkonstruktion und aufgegangene Verbindungen wieder zusammenzufügen. Farbschollen, die sich in großen Teilen schon vom Untergrund losgelöst hatten, mussten mittels Heizspachtel und Hausenblasenleim wieder am Untergrund befestigt werden. Auf den Oberflächen hatten sich zudem umfangreiche Staubablagerungen von mehreren Jahrzehnten angesammelt, deren fachmännische Entfernung nicht nur eine ästhetische Frage, sondern vor allem auch konservatorisch zwingend notwendig ist.
Das Restaurierungskonzept sah vor, den historisch gewachsenen Zustand weitgehend beizubehalten, aber auch einige wenige, sehr wichtige Korrekturen vorzunehmen.
Die schwarzen Übermalungen auf den Schreinrückwänden blieben bestehen, da sie aus einer der prägenden Umgestaltungsphasen stammen. Der stark verbräunte und fleckige Schellacküberzug auf den geschnitzten Wangen und Architekturteilen konnte und musste jedoch reduziert werden, wodurch vor allem die Oberflächenspannungen gemindert werden konnten. Aber auch in ästhetischer Hinsicht war dies ein Gewinn: die beabsichtigte helle Farbigkeit wie auch die gut erhaltenen vergoldeten Bereiche kamen wieder viel besser zur Geltung.
Das untere hebräische Schriftband konnte freigelegt werden. Bei der Sonne in der Bekrönung war eine Freilegung jedoch nicht möglich. In Abstimmung mit der Kirchengemeinde wurde beschlossen, das Wort „Jahwe“ in hebräischer Schrift auf mattblauem Grund aufzubringen.
Der Leimfarbenanstrich auf den Tafelmalereien der Flügelaußenseiten ließ sich problemlos entfernen, was die Lesbarkeit nun erst wieder ermöglicht.
Dipl.-Restauratorin Dr. Karoline Danz
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